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Juli | 1997

Widerstand gegen das NS-Regime in Berlin


Zeitzeugnis von Marie Hübner (1903–2001)

 

Übersicht

1. Frau Hübner, die Hausmeisterin

2. Das Engagement von Marie Hübner für Mitglieder der Schulze-Boysen/Harnack-Organisation (Rote Kapelle)

3. Wer sind, wer waren die Hübners?

4. Anmerkung (2011)

5. Erwähnte Personen (2011)

 

1. Frau Hübner, die Hausmeisterin

Ich habe Frau Hübner im Jahre 1976 kennen gelernt, als ich in eine Wohngemeinschaft in der Traunsteiner Str. 7 zog. Sie versah damals – sie war immerhin schon 73 Jahre alt – das Amt des Hauswarts und bewohnte die dafür vorgesehene Kleinstwohnung direkt hinter der Haustür. Frau Hübner sorgte resolut, aber nicht kleinlich und repressiv für die lebensnotwendige Ordnung im Haus. Sie kümmerte sich selbständig und verlässlich um die Zentralheizung und um alle anfallenden Reparaturen, hielt Eingänge, Vorgarten, Hof und Kellerflure sauber. Sie besaß Schlüssel für alle Wohnungen, betreute diese in Abwesenheit der Mieter, ließ Handwerker in die Wohnungen und beaufsichtigte diese streng – Pfusch und Abrechnungsschummel ließ sie nicht zu.

Unsere Wohngemeinschaft war das Zentrum der Arbeit des „Komitees zur Verteidigung demokratischer Grundrechte“, das Kampagnen, Kongresse und andere Aktivitäten gegen die Berufsverbote durchführte und häufig in unseren Räumen tagte. Vor allem während der Sitzungen stand oft ein Fahrzeug der Polizei, ausgerüstet mit Richtmikrofonen, vor den Fenstern unserer Parterrewohnung. Im Hause schräg gegenüber wohnte ein Richter, der Prozesse gegen vermeintliche oder echte Terroristen leitete. Dieses Haus war lange Zeit von mit Maschinenpistolen bewaffneten Polizisten „gesichert“. Wir kannten den Richter und seine Frau von Ansehen. Sie hatten offensichtlich Angst vor uns. Wohl auch deshalb wurden wir „streng observiert“. In diesem Zusammenhang wurde Frau Hübner wiederholt von der Polizei angesprochen. Sie hat uns immer geschützt, auch dadurch, dass sie die Polizisten mit langatmigen Geschichten über unsere mangelhafte Ordnungsliebe nervte und von weiteren Fragen abschreckte. Wir wussten, dass wir unserer Frau Hübner voll vertrauen konnten. Allerdings hielt sie von unseren politischen Aktivitäten nicht allzu viel. Sie sah in uns Idealisten und Phantasten, ohne viel Ausdauer. „Die Gesellschaft verändern haben schon ganz andere als Ihr versucht, und die sind immer gescheitert. Die haben nur das eigene Leben und das von ihren Familien zerstört. Die Menschen sind nicht so, wie Ihr sie haben wollt. Die sind träge und feige und arrangieren sich mit jeder Obrigkeit.“ Niemand von uns hatte damals eine Ahnung davon, welche persönliche Erfahrung hinter diesem Ausspruch steht.

Das Amt des Hausmeisters bekleidete Frau Hübner offiziell bis zu ihrer Magenkrebs-Operation im Jahre 1979. Sie erhielt von der Hausverwaltung eine durch Teilung entstandene sonnige Wohnung im 4. Stock zu günstigen Konditionen. Doch auch weiterhin versah sie im Rahmen ihrer Kräfte ihren Dienst.

Für die Bewohner dieses Hauses war Frau Hübner – und war es nach Maßgabe ihrer Kräfte bis zu ihrem Tod – Ansprechpartner für alle Probleme des Alltags, vom Blumen gießen und der Tierpflege über Kinder sitten bis zum mitfühlenden Zuhören und Rat geben bei persönlichem Kummer. Im Frühjahr 2001 verstarb Marie Hübner auf dem Rückweg von einem Einkauf an Herzversagen.

 

2. Das Engagement von Marie Hübner für Mitglieder der Schulze-Boysen/Harnack-Organisation (Rote Kapelle)

Von diesem Engagement erfuhren meine Frau und ich erstmals in der Silvesternacht 1996/97. Wir hatten Frau Hübner zu uns und unseren Gästen gebeten, als sie nach Mitternacht anrief, um uns ein gutes neues Jahr zu wünschen. Im Gespräch erwähnte Frau Hübner beiläufig den Namen Erika von Brockdorf. Ich merkte auf und holte den ersten Band „Deutsche Widerstandskämpfer“ aus meinem Bücherregal. Ich zeigte Frau Hübner das große Foto von Erika von Brockdorff. „Meinen Sie die?“ Sie erkannte ihre Freundin, deren Tochter Saskia und sogar das Kleid von Erika, nannte dessen Farbe – das Foto ist schwarz-weiß – und ein, zwei Anlässe, zu denen Erika es getragen hatte. „Und an meinem Geburtstag wurde sie hingerichtet“ – Frau Hübner musste weinen. Aber sie hatte sich schnell wieder im Griff. Sie spürte unser Interesse und begann zu erzählen, oft um Fassung bemüht. Es fiel ihr verständlicherweise schwer, die zeitliche Reihenfolge der Ereignisse einzuhalten, sie berichtete in Episoden.

Seit dieser Silvesternacht spricht mich Frau Hübner immer wieder in dieser Sache an. Zunächst erkundigte sie sich, aus welchem Grund ich „solche Bücher“ besäße (von denen sie sich einige ausgeliehen hat). Frau Hübner drängt auf eine Verabredung mit mir persönlich, um mir alles zu berichten, damit ich es aufschreibe. Das, was sie Jahrzehnte lang in sich verschlossen gehalten hat, möchte sie nun, kurz vor ihrem Tod (von dessen baldigem Kommen sie gelassen und souverän spricht), offensichtlich an uns weiter geben.

Bisher hat mir Frau Hübner die folgenden Episoden ihrer Geschichte erzählt:

Berlin, Herbst 1942. In ihrer Funktion als eine Art Haushälterin besaß Marie Hübner einen Schlüssel zur Wohnung der Brockdorffs in der Wilhelmshöher Str. 17 in Friedenau. Eine Etage tiefer wohnten die Kuckhoffs. Eines Tages begab sich Frau Hübner wie gewohnt zum Putzen in die Brockdorffsche Wohnung. Beim Öffnen der Tür stieg ihr Zigarettenrauch in die Nase. Sie rief in die Wohnung: „Cay, Du bist ja da! Ich wusste gar nicht, dass Du Urlaub hast.“ Sie betrat das Wohnzimmer, wo sie aber nicht den Cay von Brockdorff antraf, sondern zwei ihr fremde Männer, die sie sofort als Gestapo-Leute wahrnahm. Der eine hielt eine Pistole, der andere einen Trommelrevolver in der Hand. Den Trommelrevolver erkannte Frau Hübner als denjenigen, den ihr Mann Wilhelm dem C.v.B. geschenkt hatte (wann und aus welchem Motiv?).

Die Gestapo-Männer stellten zunächst die üblichen Fragen – Marie Hübner kann dieses Gespräch noch recht genau wiedergeben, dann: „Wissen Sie, dass die Brockdorffs Kommunisten sind?“ „Ja, das weiß ich.“
„Sind Sie auch Kommunist?“
„Nein, ich verstehe überhaupt nichts von Politik.“
„Aber Sie duzen die Brockdorffs. Wie kommt das?“
Heute Frau Hübner: „Da musste ich schnell reagieren!“ Ihre Antwort: Sie habe dem Cay v. Brockdorff in der Kunsthochschule Modell gesessen (hatte sie tatsächlich, Cay war Kunststudent und Marie eine attraktive junge Frau). „Dort duzen sich alle. Wir haben uns nach und nach angefreundet.“

Ein Zimmer ihrer Wohnung hatten die Brockdorffs an einen Mann aus Konstanz untervermietet. Überzeugend verneinte Frau Hübner die Frage der Gestapo-Männer, ob sie diesen Untermieter kenne. Es handelte sich um den von der Gestapo gesuchten Schauspieler Wilhelm Schürmann-Horster. Vielleicht hat Frau Hübners Leugnen seine Festnahme verzögert. Aber am 29. Oktober 1942 wurde er in Konstanz verhaftet, im August 1943 vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und in Plötzensee erhängt.

Die beiden Gestapo-Männer prüften den Bücherschrank der Brockdorffs. Offensichtlich gezielt griffen sie nach „Mein Kampf“ – „wissen Sie, Herr Schüngel, das Buch, das dieser Hitler in Landsberg geschrieben hat.“ Die Männer suchten nach Anstreichungen und Randbemerkungen, und wurden in ihrem Sinne fündig, was sie auch kundtaten. Sie nahmen das Buch sowie weitere Literatur mit.

„Da habe ich mir gesagt, du musst schnell nach Hause und ´das Buch´ wegschaffen, falls die auch bei uns Hausdurchsuchung machen. Natürlich haben auch wir was an den Rand geschrieben. Sie glauben ja nicht, was da für ein Blödsinn drinsteht. Aber wenn Sie den Leuten hundertmal den selben Blödsinn sagen, dann glauben sie ihn!“

Die Gestapo-Männer entließen sie, nachdem sie ihr mitgeteilt hatten, dass sie die Erika v.B. bereits verhaftet haben.

Frau Hübner wusste, dass von der Wohnung der Brockdorffs aus gefunkt wurde, und zwar von Hans Coppi sen., als Cay an der Ostfront war. „Erika und Saskia wurden in den Keller geschickt. In der Zeit konnten die oben in Ruhe funken.“

Auf dem Weg nach Hause machte Frau Hübner einen Abstecher in die Wohnung von Ruthild Hahne in der Nachodstr. 20 in Wilmersdorf, zu der sie ebenfalls einen Schlüssel hatte. Auch dort Gestapo-Besuch – nach der Verhaftung der Bewohnerin. Marie gelang es noch, den für sie bestimmten Zettel von Ruthild in der Küche unbemerkt an sich zu bringen.

Nach der Verhaftung von Erika hartnäckige Bemühungen der Marie Hübner, ihre Freundin ausfindig zu machen und zu besuchen: Alexanderplatz, Prinz-Albrecht-Str., dort Gestapo-Kommissar Habecker, über diesen schließlich wiederholte Besuchserlaubnis. Einschmuggeln eines Bleistifts in einer Orange. Papier wurde in den Schuhen und in der Kleidung eingeschmuggelt. Mit Hilfe einer anständigen Wärterin, der sie ihre Zigarettenmarken schenkte, brachte Frau Hübner ihrer Freundin mehrfach die von ihr gewünschte Wäsche und Kleidung in die Zelle, das ersehnte Strickzeug sogar mit der Erlaubnis von Habecker. Den Besuch am letzten Geburtstag von Erika am 29. April 1943 ermöglichte ihr die Wärterin. Frau Hübner durfte sogar die Blumen mit in die Zelle nehmen, „obwohl das ja eigentlich nicht gestattet ist“.

Frau Hübner hat Kassiber, einmal auf winzigen Papierschnitzeln, von Erika an die Eltern von Kurt Schumacher in der Schöneberger Papestraße geschmuggelt. Marie Hübner erwähnte weitere Kassiber, so den letztlich vergeblichen Versuch, John Rittmeister zu warnen. Er wurde am 27. September 1942 verhaftet und ebenfalls am 13. Mai 1943 in Plötzensee enthauptet.

Erika bat einmal um ein bestimmtes Buch. Frau Hübner konnte es besorgen und beim nächsten Besuch „legal“ der Erika übergeben, die es beim folgenden Besuch der Frau Hübner mit Dank und Lob zurück gab, unter den Augen von Habecker, der sich lebhaft für dieses Buch interessierte, das ja nicht mehr zu bekommen sei usw. „Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, was das für ein Buch war. Es hieß wohl Ein Wintermärchen“!

Marie Hübner erwog einen Augenblick lang, dem Gestapo-Kommissar das Buch zu schenken, erkannte dann aber das damit verbundene Risiko „Bestechungsversuch“, und unterließ es. Zu Hause stellte sie fest, dass in dem Buch ein verschlossener Brief versteckt war. „Mir wäre fast das Herz stehen geblieben. Wenn die diesen Brief gefunden hätten!“ Der Brief war adressiert an Schumacher, Papestraße 15. Frau Hübner übergab ihn dort einer Frau, die bestätigte, Frau Schumacher (Mutter von Kurt) zu sein – auch das ein Risiko. Nach dem Krieg hat Cay v.B. Frau Hübner gesagt, durch die Überbringung dieses Briefes hätten einige Oppositionelle gewarnt werden und ihr Leben gerettet werden können.

Frau Hübner bemühte sich um Sicherung des Schmucks der Erika von Brockdorff. Die Gestapo gestattete die Deponierung in einer Bank. Erika musste eine Zustimmungserklärung unterschreiben, die Frau Hübner irgendwie zu Gesicht bekam. Sie stellte fest, dass nicht Erika sondern Cay unterschrieben hat. „Dann ist er ja in Berlin!“ Sie erfuhr von der Gestapo, dass man ihn von der Ostfront geholt und ebenfalls verhaftet hat –„damit der nicht zum Russen überläuft.“

Jetzt begab sich Marie Hübner auf die Suche nach Cay. Prinz-Albrecht-Str. – vergebens, aber dort Hinweis auf die Burgstraße (mehrere Gestapo-Stellen, berüchtigtes Folterzentrum). Dort, im Gang, kam ihr ein Gestapo-Mann mit Gefangenem entgegen. Sie fragte nach Cay von Brockdorff. Der Gestapo-Mann verneinte, ohne einen Hinweis zu geben. Im Weitergehen drehte sich aber der Gefangene um und flüsterte „Lehrter“ (Militär- und Polizeigefängnis). Dort fand Frau Hübner tatsächlich den Cay v.B. und erhielt Besuchserlaubnis.

Cay von Brockdorff wurde zum Dienst in einem Strafbataillon verurteilt, Einsatz in Italien. Er hat überlebt und heiratete nach dem Krieg die Widerstandskämpferin Eva Lippold. Marie Hübner war Trauzeugin.

Frau Hübner hatte noch länger Kontakt zu Saskia von Brockdorff, der Tochter von Erika und Cay. Übergabe aller Erinnerungsstücke an sie, einschließlich Silberbesteck. Saskia habe „einen Stasi-Mann geheiratet, in zweiter Ehe einen Peruaner und mit diesem in Lima gelebt. Das Paar ist aber wieder zurück gekommen – in die DDR? Frau Hübner hat keinen Kontakt mehr. Den Cay von B. habe Frau Hübner zuletzt auf „dieser Rosa-Luxemburg-Demonstration“ getroffen. Gemeint ist die jährliche Liebknecht-Luxemburg-Gedenkdemonstration im Januar. M.H. hat also mindestens einmal daran teilgenommen.

Bei Maries Bemühungen um Erlaubnisse, Erika in der Haftanstalt zu besuchen, wurde Gestapokommissar Habecker die ständige Ansprechperson. „Hübnern, Hübnern, auf was haben Sie sich da eingelassen! Ich warne Sie. Was haben Sie denn mit diesen Verbrechern?“ – „Das sind für mich keine Verbrecher. Die haben nur eine andere Gesinnung. Seh´n Sie mal, Sie haben Ihre Ansichten, und ich hab´ meine. Sind wir deswegen Verbrecher?“ M.H. hat mir dieses Gespräch am 19.7.1997 wörtlich so wiedergegeben.

Habecker warnte sie davor, dass sie sich „verstrickt“, zu weit vor wagt, sich zu viel herausnimmt. „Wenn Sie so weiter machen, muss ich auch Sie einsperren lassen!“

Aber Habecker gibt ihr nach, immer wieder, schützt sie. Es kommt sogar zu einer gemeinsamen Fahrt im Dienstwagen zu Erika. Aber auch (wohl kein Widerspruch, eher Selbstschutz Habeckers): „Was wollen denn Sie schon wieder hier? Verschwinden Sie und lassen sich hier nie wieder blicken!“

Marie Hübner mal wieder in der Prinz-Albrecht-Straße. Verlangt an der Pforte, zu Habecker vorgelassen zu werden. Dank ihrer Hartnäckigkeit erhält sie schließlich den Passierschein. Sie geht in den Flur, klopft an Habeckers Zimmertür und tritt sogleich ein. Habecker, beim Verhör, brüllt los: „Hübnern! Was fällt Ihnen ein! Rrraus!“ Sie schließt die Tür und setzt sich auf eine Bank im Flur, wartet Stunden. „Ich wäre ja nicht aus dem Haus raus gekommen, der musste mir doch den Passierschein unterschreiben.“ Schließlich sprach sie ein vorbei kommender Gestapo-Mann an: „Auf wen warten denn Sie die ganze Zeit?“ „Auf Herrn Habecker.“ Der Gestapo-Mann öffnet dessen Tür. „Hier sitzt noch jemand für Dich!“ „Ach, die Hübnern, die Nervensäge, habe ich ganz vergessen …“

Vielleicht hat Gestapokommissar Habecker die junge und schöne Frau Hübner am Ende absichtlich „vergessen“, und „die Hübnern“ konnte unbehelligt überleben.

 

3. Wer sind, wer waren die Hübners?

Marie Hübners Mann, Wilhelm Hübner, genannt Willi – „er hatte wunderhübsche braune gütige Augen, in die hatte ich mich verliebt“ – von Beruf Schlosser, muss die Nazis gehasst und der KPD nahe gestanden haben, er war wohl Sympathisant, nicht Mitglied. Zum Verständnis: Im Berlin vor 1933 war die KPD die mit Abstand stärkste Partei, wie die Wahlergebnisse zeigen. Es war für einen Berliner Arbeiter nichts Außergewöhnliches, und schon gar nichts Ehrenrühriges, zumindest Sympathisant und Wähler der KPD zu sein. In seiner Abneigung den Nazis gegenüber fiel es Willi Hübner schwer, seine Zunge im Zaum zu halten, er gefährdete damit immer wieder die Sicherheit der Familie, berichtet Frau Hübner. So stand er einmal im Krieg, wie gewohnt, in der Schlange im Gemüseladen in der Schwäbischen Straße. Eine Offiziersfrau namens Mackensen erzählte überschwänglich begeistert, dass sie den Führer gesehen habe. Als sie an der Reihe war, beklagte sie laut das geringe Angebot an Gemüse. Der deutlich hörbare Kommentar von Willi Hübner: „Da müssen Sie doch satt sein, wenn Sie den Führer gesehen haben!“

Kürzlich fragte ich Frau Hübner: „Sie erzählen viel von Freunden und Bekannten aus der Weimarer und der Nazizeit. Sie haben Anhänger von allen Parteien gut gekannt und sprechen mit Respekt von deren politischen Ansichten: KPD, SPD, Zentrum, DVP und andere. Aber keine Nazis!“

„Nazis? Nein, nein, die nicht. Es hat sich auch nicht ergeben.“ Nach einigem Nachdenken fährt sie fort: „Wir wohnten hinter dem Sportpalast und erlebten die Kundgebungen aller Parteien mit – Kommunisten, Sozialdemokraten, Nazis. Schlimm waren nur die Nazis. Mein Mann hat immer gesagt: Die lügen in allem. Schon der Name ist eine Lüge. Man kann doch nicht national und sozialistisch sein – entweder das eine oder das andere! Das schließt sich doch aus.“ Zum Verständnis: Der Internationalismus war in der damaligen Zeit ein wesentlicher Bestandteil des sozialistischen Selbstverständnisses und jeder sozialistischen Programmatik. Die Nazis appellierten an „das Volk“, die Sozialisten an die „Völker … dieser Erde“.

Kurze Zeit nach diesem Gespräch kam Frau Hübner nochmals auf meine Frage zurück. Einen Nazi habe sie, und auch ihr Mann, doch gekannt: Herrn Wölpel (?) von der Leitung der Auslandsabteilung der NSDAP. „Der wohnte in Ihrer Wohnung. Herr W. in Uniform grüßte immer knapp: guten Tag, guten Abend. Ohne Uniform begrüßte er uns mit Handschlag, und mit Frau Hübner, Herr Hübner.“ – W. hatte in seiner Wohnung (sie nennt das Zimmer, es ist heute das Zimmer meiner Frau) einen jüdischen Kultgegenstand „aus der Münchener Straße.“ (Dort befand sich eine Synagoge, heute Gedenkstein). Diesen Gegenstand konnte man vom Gehweg aus, aus einem bestimmten Winkel, sehen. M.H. machte den W. darauf aufmerksam, worauf er erschrak und den Kultgegenstand entfernte.

Bald darauf nahm der W. die Marie Hübner im Hausflur beiseite und flüsterte ihr zu: „Frau Hübner, auf was haben Sie sich denn eingelassen! Sie stehen im Verdacht, zur Roten Kapelle, diesen kommunistischen Landesverrätern, zu gehören! Um Himmels willen, halten Sie sich ab sofort da ganz raus …“

Diese Warnung hat Frau Hübner nach der Hinrichtung ihrer Freundin Erika auch strikt befolgt. W. sei nach dem Krieg in seine Siegerländer Heimat zurückgekehrt und „wohl wieder Lehrer gewesen.“

Als ich Frau Hübner kürzlich wunschgemäß Literatur über den Widerstand brachte, kommentierte sie: „Ach, der Günther Weisenborn.“ Welche Hauswartsfrau aus dem Westen kennt Günther Weisenborn?

Zum Motiv ihres gefährlichen Einsatzes für Erika und ihre Mitstreiter äußerte sich Marie, ohne von mir danach gefragt worden zu sein, wörtlich:

„Ich habe mich verpflichtet gefühlt, diesen Menschen zu helfen. Es waren so anständige Leute.“

Nach dem Krieg erhielt Frau Hübner einen Brief der Eltern von Erika. Er enthielt Beschimpfungen und Vorwürfe gegen sie. Einen dieser Vorwürfe zitierte Frau Hübner mir gegenüber wörtlich: „Sie haben die beiden zu Kommunisten gemacht und sind Schuld am Tod unserer Tochter.“ Diese Beschuldigung der Eltern, nachdem sie alles getan hatte, um der Tochter das Leben in der Gestapo-Haft zu erleichtern, sie hatte sogar ihre Freiheit und möglicherweise ihr Leben dafür riskiert, kränkte Frau Hübner bis in ihr hohes Alter. Erika von Brockdorffs Vater, ein Briefträger, stand den Nazis nahe – mindestens.

 

4. Anmerkung März 2011

Alle von Marie Hübner genannten Personen sind historisch, und zwar exakt in der Rolle, wie von ihr mündlich dargestellt. Das gilt auch für die Beziehungen zwischen diesen Personen. Alle Datumsangaben entsprechen den tatsächlichen Ereignissen. Die von Marie Hübner angeführten Haftanstalten existierten wirklich, die Adressen der Widerstandskämpfer hat sie zutreffend in Erinnerung behalten. Ich habe alle von Frau Hübner genannten Fakten sorgfältig überprüft. Alle, die mit ihr über ihre Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Tod von Erika von Brockdorff gesprochen haben, hatten den Eindruck, dass das Erlebte und Erlittene gegen Ende ihres Lebens von ihr in großer Heftigkeit wieder Besitz ergriffen hatte. Möglicherweise handelte es sich hier um einen Stau von Erinnerungen und Gefühlen, die sie über Jahre anderen nicht mitteilen konnte. Verstehen können wir Frau Hübner hierin am ehesten, wenn wir uns in ihre Situation der Jahre 1942/43 hinein versetzen. Da sind einmal ihre Gefühle gegenüber den ihr bekannten Widerstandskämpfern, vor allem die Liebe zu ihrer Freundin Erika, zum anderen müssen wir die große Gefahr erkennen, in die sich Frau Hübner in ihrer Menschlichkeit begeben hatte. Diese Gefahr war ihr in ihrer ganzen Wucht bewusst, sie hat nicht leichtfertig oder gutgläubig gehandelt. Marie Hübner war Mitwisserin einer Verschwörung gegen die Nazi-Diktatur, und das war sie bereits vor der Verhaftung ihrer Freundin Erika. „Ich wusste von all dem, ja ich wusste das, und ich habe gesagt, Erika, Du hast ein Kind, denke daran, Du hast ein Kind!“ So wörtlich gegenüber unserer Nachbarin Gisela Krone, die dieses Gespräch aufgenommen hat. Auf nicht angezeigtes Mitwissen stand häufig ebenfalls die Todesstrafe. Jederzeit musste Marie Hübner mit ihrer Verhaftung und einer „verschärften Vernehmung“ rechnen. Paradoxerweise hat sie ausgerechnet einer der brutalsten Gestapo-Verbrecher gedeckt, Walter Habecker. „Was der an mir für einen Narren gefressen hat, was der mir alles erlaubt hat – ich weiß nicht. Entweder hat er das hoch geachtet, dass ich trotzdem immer kam …“ (Aufzeichnung Gisela Krone). Das „oder“, dass Habecker sich einfach in die schöne Hübnern verknallt haben könnte, hat sie weggelassen.

Es hat Frau Hübner offensichtlich von einem großen inneren Druck befreit, dass sie in ihren letzten Lebensjahren über ihre Haltung und ihr Handeln in der Nazizeit mit uns sprechen konnte und von uns verstanden und aufrichtig bewundert wurde.

Marie Hübner starb am 24.1.2001 auf dem Rückweg von einem Einkauf

 

5. Erwähnte Personen (angefügt Februar 2011)

Vorab: Die Rote Kapelle – zitiert aus Anne Nelson (Columbia University, New York): Die Rote Kapelle. Die Geschichte der legendären Widerstandsgruppe, München 2010:
„Mit dem Begriff ‚Rote Kapelle’ wird eine Vereinigung lose miteinander verbundener Gruppen bezeichnet, die während des Zweiten Weltkriegs durch Spionage, Flugblattaktionen und andere Aktivitäten Widerstand gegen Hitler leisteten“, Klappentext.
„Die Gestapo hatte die Rote Kapelle gewissermaßen erfunden, jedenfalls als Spionagenetz der Sowjets, und nach dem Krieg machten sich sowohl Russen als auch Amerikaner und überlebende Nazis diese irrige Auffassung von der Gruppe zunutze. Dabei verzerrten sie jedoch das, was diese Gruppe getan hatte, oder setzten es herab, so dass sich ein falsches Bild ergab, das aber fünfzig Jahre lang bestehen blieb“, Vorwort, S. 19.

Brockdorff, Cay-Hugo von
geb. 1915 in Schmargendorf bei Berlin. Bildender Künstler. Widerstandskämpfer im Umfeld der Rote Kapelle. 1942 an der Ostfront verhaftet und zu 4 Jahren Zuchthaus verurteilt. Verbüßung in einem Strafbataillon in Italien. Nach britischer Kriegsgefangenschaft lebte er als Künstler, Kulturfunktionär und Museumsdirektor in der SBZ/DDR. 1954 Ausschluss aus der SED ohne gravierende berufliche Folgen. 1999 gestorben.

Brockdorff, Erika von
geb. 1911 als Erika Schönfeldt in Kolberg. Seit 1937 verheiratet mit Cay-Hugo von Brockdorff. Widerstandskämpferin, Rote Kapelle. 1942 vom Reichskriegsgericht zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt. Auf persönlichen Befehl Hitlers wurde das Urteil im Januar 1943 in ein Todesurteil umgewandelt. Erika von Brockdorff wurde am 13. Mai 1943 in Plötzensee enthauptet – am 40. Geburtstag von Marie Hübner.

Coppi, Hans, jun.
Sohn von Hilde und Hans Coppi sen. Er wurde am 27. November 1942 im Berliner Frauengefängnis Barnimstr. geboren. Nach der Hinrichtung seiner Mutter wuchs er bei Großeltern auf, ab 1950 in der DDR. Nach dem Studium der Ökonomie war er Außenhandelskaufmann, wechselte dann zunächst zum Journalismus und promovierte 1992 als Historiker an der TU Berlin. Zahlreiche Veröffentlichungen zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus, speziell zur Rote Kapelle.

Coppi, Hans sen.
geb. 1916 in Berlin. Verheiratet mit Hilde Coppi, geb. Rake. Reform-Internat Scharfenberg, Rote Pfadfinder, KJVD. Von Beruf Dreher. 1934 wegen Verteilung von Flugblättern 2 Monate im KZ Oranienburg. Seit 1936 kontinuierlich aktiver Widerstand. Zunächst „wehrunwürdig“. 1940 Kontakt zur Roten Kapelle, Aufbau einer Funkverbindung in die Sowjetunion. Verhaftung am 12. September 1942, vom Reichskriegsgericht am 19. Dezember 1942 zum Tode verurteilt und drei Tage später in Plötzensee erhängt.

Coppi, Hilde
geb. 1909 in Berlin als Hilde Rake. Ehefrau von Hans Coppi sen. Rote Kapelle. Verhaftung am 12. September 1942. Hilde war hochschwanger und brachte ihren Sohn Hans am 27. November im Berliner Frauengefängnis Barnimstr. zur Welt. Knapp einen Monat später wurde der Vater des Kindes, Hildes Ehemann Hans, hingerichtet. Hilde wurde im Januar 1943 ebenfalls zum Tode verurteilt. Ein Gnadengesuch lehnte Hitler persönlich ab. Nach Abstillen des Kindes wurde Hilde Coppi am 5. August 1943 in Plötzensee enthauptet.
Peter Weiss hat Hans und Hilde Coppi in seinem Roman Die Ästhetik des Widerstands (1975–1981) ein literarisches Denkmal gesetzt.

Habecker, Walter
geb. 1893 in Berlin. Kriminalinspektor, in der Literatur auch Gestapo-Kommissar genannt. Angehöriger des Kommunismusdezernats der Gestapo. Brutaler Verhörer, der auch die Folter einsetzte (s. z.B. Fabian von Schlabrendorff: Offiziere gegen Hitler, Berlin 1984, S. 138). Habecker gehörte zu den wenigen Gestapo-Leuten, die nach 1945 angeklagt wurden. 1949 erhängte er sich im Untersuchungsgefängnis Paderborn.

Hahne, Ruthild
geb. 19. Dezember 1910 in Berlin. Bildhauerin. Im Zuge der Verfolgung der Roten Kapelle wurde gegen sie eine vierjährige Zuchthausstrafe verhängt. Gegen Ende des Krieges gelang ihr die Flucht aus dem Zuchthaus. Sie schlug sich zur Ostfront durch und fand Schutz bei der Roten Armee. Ruthild Hahne lebte und arbeitete in der DDR. Sie starb 2001 in Berlin.

Kuckhoff, Adam
geb. 1887 in Aachen. Dr. phil., Schriftsteller. Seit 1937 verheiratet mit Greta Kuckhoff. Seit Beginn der Naziherrschaft im Widerstand, zuletzt Rote Kapelle. Er wurde am 12. September 1942 von der Gestapo in Prag verhaftet. Im Februar 1943 verurteilte ihn das Reichskriegsgericht zum Tode. Am 5. August 1943 wurde er in Plötzensee enthauptet.

Kuckhoff, Greta
geb. 1902 in Frankfurt/Oder. Volkswirtin und Soziologin. Ab 1933 Assistentin von Karl Mannheim am Institut für Sozialforschung in Frankfurt/Main. Frühe Tätigkeit im Widerstand. Über ältere Bekanntschaften mit Arvid und Mildred Harnack und Harro und Libertas Schulze-Boysen Anschluss an die Rote Kapelle. Am 12. September 1942 verhaftet, am 3. Februar 1943 zum Tode verurteilt. Aufhebung der Todesstrafe im Mai 1943 und Verurteilung zu 10 Jahren Zuchthaus. Nach 1945 Präsidentin der Deutschen Notenbank der DDR, dann Tätigkeit im Friedensrat der DDR. Weite Verbreitung fand ihre Autobiographie „Vom Rosenkranz zur Roten Kapelle“ (1972). Greta Kuckhoff starb 1981 in Wandlitz bei Berlin.

Lippold, Eva
geb. 1909 in Magdeburg in extrem armen Verhältnissen. Sie absolvierte eine kaufmännische Ausbildung und arbeitete als Stenotypistin. Zunächst Mitglied der SPD, schloss sie sich 1931 der KPD an. Die Nazizeit verbrachte sie überwiegend in den Zuchthäusern des Regimes. Während ihrer Haftzeit begann sie zu dichten und komponierte Melodien für einige ihrer Gedichte. Nach ihrer Befreiung war sie als Schriftstellerin und Kulturfunktionärin in der SBZ/DDR tätig. 1948 heiratete sie Cay von Brockdorff. Eva Lippold starb 1994 in Zossen bei Berlin.

Rittmeister, John
geb. 1898 in Hamburg, Arzt und Psychoanalytiker. Er bezeichnete sich selbst als Linkspazifist, stand während der November-Pogrome 1938 tatkräftig bedrängten Juden bei. Während seiner Tätigkeit in der Schweiz setzte er sich für die Belange deutscher Emigranten ein. Die Schweizer Behörden sahen darin „kommunistische Umtriebe“ und verlängerten seine Aufenthaltsgenehmigung nicht. Ende 1941 stieß er über Harro Schulze-Boysen zur Roten Kapelle. Verhaftung am 27. September 1942, Verurteilung zum Tode wegen „Vorbereitung zum Hochverrat und Feindbegünstigung“. Enthauptung am 13. Mai 1943 in Plötzensee.

Schürmann-Horster, Wilhelm
geb. 1900 in Köln. Schauspieler. Soldat im 1. Weltkrieg, aus dem er als Kriegsgegner zurückkehrte. Ab 1923 KPD. Mitglied der proletarischen Theatergruppe „Die junge Aktion“, ab 1929 der „Truppe im Westen“ (Langhoff). 1934 und 1935 vorübergehende Gefängnisaufenthalte. 1938 lernte er die Brockdorffs kennen. Es bildete sich um diese drei ein Gesprächskreis, der später für die Rote Kapelle tätig wurde. Verhaftet am 29. Oktober 1942 in Konstanz. Am 21. August 1943 vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und am 9. September 1943 in Berlin-Plötzensee erhängt.

Schumacher, Elisabeth
geb. 1904 in Darmstadt. Ihr Vater war jüdischer Herkunft. Er fiel im 1. Weltkrieg. Elisabeth studierte Grafik, konnte aber nach Abschluss ihrer Ausbildung als „Halbjüdin“ nur begrenzt freiberuflich arbeiten. Während der Nazizeit war sie unablässig im Widerstand tätig. Gemeinsam mit ihrem Mann Kurt versuchte Sie, die Sowjetunion vor dem bevorstehenden Überfall der Wehrmacht zu warnen. Am 12. September 1942 verhaftete sie die Gestapo in ihrer Wohnung. Wegen Landesverrat und Vorbereitung zum Hochverrat wurde sie am 19. Dezember 1942 vom Reichskriegsgericht zum Tode verurteilt und drei Tage später in Plötzensee enthauptet.

Schumacher, Kurt
geb. 1905 in Stuttgart. Bildhauer. Verheiratet mit Elisabeth Schumacher. Kommunist und Angehöriger der Roten Kapelle. Am 12. September 1942 wurde er von der Gestapo in seinem Atelier verhaftet, wobei fast sein gesamtes Werk zerstört wurde. Am 19. Dezember 1942 verurteilte das Reichskriegsgericht Kurt Schumacher zum Tode. Drei Tage später wurde er in Plötzensee gehängt.

Weisenborn, Günther
geb. 1902 in Velbert. Schriftsteller und Dramaturg, seit 1941 am Berliner Schillertheater und insoweit Teil des nationalsozialistischen Kulturbetriebs. Streng konspirativ unterstützte er die Rote Kapelle, auch als Freund von Libertas und Harro Schulze-Boysen. Im September 1942 wurde er verhaftet und vom Reichskriegsgericht wegen Hochverrats zum Tod verurteilt. Aufgrund der entlastenden Aussage eines Zellengenossen Umwandlung des Todesurteils in 10 Jahre Festungshaft. Im April 1945 wurde Günther Weisenborn von der Roten Armee aus dem Zuchthaus Luckau befreit. Er strengte 1947 gemeinsam mit dem ehemaligen preußischen Kultusminister Adolf Grimme und Greta Kuckhoff einen Prozess gegen den Untersuchungsführer in Sachen Roten Kapelle, Oberstkriegsgerichtsrat/ Generalrichter Manfred Roeder an. Roeder war mitverantwortlich für 56 Todesurteile gegen Widerstandskämpfer. Das Verfahren wurde von der Staatsanwaltschaft Lüneburg bis Ende der 1960er Jahre verschleppt und dann eingestellt. G.W. ist Autor zahlreicher Theaterstücke, Romane und Gedichte. Sein Buch „Der lautlose Aufstand“ ist die erste systematische Darstellung des deutschen Widerstandes gegen die Nazidiktatur. Günther Weisenborn starb 1969 in West-Berlin.